Der Gesetzgeber räumt der Feuerwehr Sonderrechte im Straßenverkehr ein, damit Einsatzorte ohne verkehrsbedingte Verzögerungen erreicht werden können. Die Inanspruchnahme dieser Sonderrechte führt immer wieder zu Gefährdungen und Unfällen im Straßenverkehr.
Sonderrechte gestatten der Feuerwehr, die Regeln der Straßenverkehrsordnung unter bestimmten Voraussetzungen außer Acht zu lassen. Gefährdungen entstehen insbesondere durch
- Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit,
- Nichtbeachten der Vorfahrt anderer Verkehrsteilnehmer,
- Rechtsüberholen und Überholen auf Verbotsstrecken,
- Fahren auf der linken Fahrbahnseite und auf Rad- und Gehwegen,
- Nichtbeachten von Lichtsignalanlagen,
- Befahren von Einbahnstraßen in falscher Richtung.
Feuerwehrangehörige und andere Verkehrsteilnehmer dürfen durch die Inanspruchnahme von Sonderrechten im Straßenverkehr nicht gefährdet werden.
Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Sonderrechten nach § 35 der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind:
- Die Feuerwehr muss hoheitliche Aufgaben auf Grund von Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erfüllen. Eine Katze auf dem Baum rechtfertigt beispielsweise nicht die Inanspruchnahme von Sonderrechten. Der hoheitliche Auftrag ist somit nicht gegeben.
- Die Inanspruchnahme von Sonderrechten muss dringend geboten sein. Das heißt, der hoheitliche Auftrag könnte unter Beachtung der Verkehrsregeln nicht, nur unzureichend oder nicht schnell genug erfüllt werden.
- Sonderrechte dürfen nach § 35 Abs. 8 StVO nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.
- Je größer die Abweichung von den Vorschriften ist, umso größer ist die Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer. In unübersichtliche Kreuzungen darf demnach nur mit sicherer Geschwindigkeit (Schrittgeschwindigkeit) eingefahren werden.
Sonderrechtsfahrten können auch mit einem Privatfahrzeug durchgeführt werden.
Hierfür gilt:
- § 35 StVO schließt nicht aus, dass Feuerwehrangehörige, die mit einem Privatfahrzeug zum Feuerwehrhaus oder Einsatzort unterwegs sind, Sonderrechte in Anspruch nehmen können. Ein Einsatz erfordert möglicherweise, dass Einsatzkräfte und -mittel mit dem Privatfahrzeug zum Einsatzort gebracht werden müssen, z. B. weil die vorhandenen Feuerwehrfahrzeuge bereits in den Einsatz eingebunden sind.
- Es ist zu beachten, dass für andere Verkehrsteilnehmer ein Privatfahrzeug, das Sonderrechte in Anspruch nimmt, in der Regel kaum oder nicht erkennbar ist. Auch ein im Fahrzeug angebrachtes Schild oder ein Dachaufsetzer mit der Aufschrift „Feuerwehr im Einsatz“ bringt keine verlässliche Erkennbarkeit.
- Die Inanspruchnahme von Sonderrechten mit dem Privatfahrzeug sollte sich auf begründete Ausnahmefälle beschränken. Aber auch in diesen Fällen ist folgendes zu beachten:
- Nicht die Vorfahrt des allgemeinen Verkehrs missachten
- Signalgeregelte Kreuzungen nicht bei rotem Haltezeichen überqueren
- Einbahnstraßen nicht in falscher Richtung befahren
- Nicht auf der Gegenspur fahren
- Nicht verbotswidrig rechts überholen
- Grundsätzlich nicht auf Autobahnen von den Verkehrsregeln abweichen
- Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist grundsätzlich nur eine begrenzte Geschwindigkeitsübertretung tolerabel
Für blaues Blinklicht gilt nach § 38 StVO:
- Benutzt die Feuerwehr blaues Blinklicht und Einsatzhorn, müssen alle übrigen Verkehrsteilnehmer dem Feuerwehrfahrzeug freie Bahn schaffen.
- Für Verkehrsteilnehmer bedeutet dies:
- Es muss ohne Verzögerung auf die Sondersignale reagiert werden.
- Die zügige Vorbei- oder Weiterfahrt des Feuerwehrfahrzeuges muss ermöglicht werden.
- Wenn erforderlich, muss dafür ggf. äußerst rechts herangefahren, kurz angehalten oder langsam weitergefahren werden.
Blaues Blinklicht allein darf nach § 38 (2) StVO nur von den damit ausgerüsteten Fahrzeugen und nur zur Warnung an Unfall- oder sonstigen Einsatzstellen, bei Einsatzfahrten oder bei Begleitung von Fahrzeugen oder von geschlossenen Verbänden verwendet werden. Die Verpflichtung der Verkehrsteilnehmer, sofort freie Bahn zu schaffen, besteht nicht.
Die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Sondersignalen ist das Gebot höchster Eile auf Grund einer bekannt gewordenen Gefahrenlage, z. B.
- um Menschenleben zu retten,
- um schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden,
- um Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden,
- um bedeutende Sachwerte zu erhalten.
Über die Benutzung von Sondersignalen entscheidet der Einheitsführer.