Innenangriff
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Innenangriff

Voraussetzung für eine effektive Brandbekämpfung in Gebäuden ist der Innenangriff unter Atemschutz. Einheitsführer und Atemschutzgeräteträger müssen die besonderen Gefahren von Phänomenen der extremen Brandausbreitung sowie die entsprechenden Verhaltensmaßnahmen kennen.

Hierzu einige Unfallbeispiele:

  • Der unter Atemschutzgeräten eingesetzte Angriffstrupp zog sich bei einer Rauchdurchzündung Verbrennungen im Kopfbereich zu.
  • Beim Öffnen einer Tür wurde der Feuerwehrangehörige durch eine Stichflamme verletzt.
  • Durch die schnelle Brandausbreitung platzte eine Fensterscheibe. Mehrere Einsatzkräfte wurden durch Glassplitter verletzt.

Gefährdungen beim Innenangriff unter Atemschutz entstehen insbesondere durch:

  • Unzureichende oder unvollständige persönliche Schutzausrüstung, wenn Körperteile im Innenangriff ungeschützt bleiben.
  • Feuer, Stichflammen und extrem hohe Temperaturen, wenn sich Brande in Gebäuden schnell und unkontrolliert ausbreiten, z. B.
    -bei Rauchdurchzündungen,
    -bei Rauchschichtexplosionen,
    -nach Wasserabgabe durch hocherhitzten Wasserdampf.
  • Einsatzmaßnahmen, wenn Innen- und Außenangriff nicht miteinander koordiniert werden oder wenn im Rahmen der taktischen Ventilation Überdrucklüfter falsch eingesetzt werden.
  • Einsatzkräfte, die im Innenangriff unter Atemschutz ungeübt oder nicht praxisnah ausgebildet sind.

Im Feuerwehrdienst dürfen deshalb nur Maßnahmen getroffen werden, die ein sicheres Tätigwerden der Feuerwehrangehörigen ermöglichen.

Weitere Informationen dazu finden Sie in den Quellen.

Schutz vor Phänomenen der extremen Brandausbreitung
Die Sicht behindernde und gesundheitsschädliche Wirkung des Brandrauches an Einsatzstellen ist allgemein bekannt. Enthält der Brandrauch zusätzlich brennbare Gase in zündfähiger Konzentration, sind Einsatzkräfte besonders gefährdet. Die damit verbundenen besonderen Gefahren bezeichnet man als Phänomene der extremen Brandausbreitung, wie z. B.: Rauchdurchzündungen oder Rauchexplosionen.

Verlauf von Bränden in geschlossenen Räumen:
Nach der Entzündung eines brennbaren Stoffes leitet die Wärmestrahlung des Feuers eine thermische Zersetzung der umliegenden brennbaren Stoffe ein. Dieser Prozess wird als Pyrolyse bezeichnet, die entstehenden Gase als Pyrolysegase. Pyrolysegase sind zumeist brennbar, z. B. Methan, Propan, Butan, Kohlenmonoxid.

Werden die stark erwärmten Pyrolysegase nicht verbrannt, steigen sie nach oben und sammeln sich in der Rauchschicht unterhalb der Innenraumdecke an.

Rauchdurchzündungen und Rauchexplosionen werden durch bauliche Gegebenheiten begünstigt, z. B. wenn Fenster und Türen dicht schließen, eine Raumlüftung nicht gegeben ist. Praxisnahe Übungen sind in speziellen Übungsanlagen der Realbrandausbildung möglich.

Bei Bränden in geschlossenen Raumen führt fortschreitender Sauerstoffmangel deshalb in der Regel zu unvollständigen Verbrennungen.

Phänomene der schnellen Brandausbreitung

Rauchdurchzündung ohne Druckanstieg:
Die Durchzündung einer Rauchschicht erfolgt, wenn bei ausreichender Sauerstoffzufuhr eine gerade zündfähige Konzentration der Pyrolysegase erreicht wird. Das Erscheinungsbild sind Stichflammen oder Flammenzungen. Es entsteht kein gefährlicher Druckanstieg.

Für eine Rauchdurchzündung sind zwei Randbedingungen erforderlich:
Für die laufende Verbrennung muss ausreichende Luftzufuhr vorhanden sein, und
im Brandraum müssen ausreichend brennbare Stoffe vorhanden sein, die durch Erwärmung größere Mengen an Pyrolysegasen freisetzen.

 

Rauchdurchzündung mit Druckanstieg
Wie bei einer Rauchdurchzündung ohne Druckanstieg sammeln sich Pyrolysegase in der Rauchschicht an. Aufgrund von Sauerstoffmangel kommt es trotz ausreichender Konzentration brennbarer Gase und trotz ausreichender Temperatur nicht zur Durchzündung.
Die Ansammlung brennbarer Gase setzt sich fort, die Rauchschicht wird kontinuierlich aufgeheizt. Pyrolysevorgange setzen sich auch weiter vom Brandherd entfernt fort und reichern die Rauchschicht zusätzlich mit brennbaren Gasen an. Wird der Rauchschicht schließlich Sauerstoff zugeführt und die Schichten verwirbeln, kann es zu einer Rauchdurchzündung mit Druckanstieg kommen, z. B. wenn

  • Fenster platzen oder eingeschlagen werden,
  • Türen geöffnet werden,
  • verstärkte Zugluftzufuhr einsetzt,
  • Überdrucklüfter falsch eingesetzt werden.

Anzeichen für eine Rauchdurchzündung mit Druckanstieg sind:

  • starke Rauchentwicklung, der Brandrauch dringt unter hohem Druck aus dem Brandraum,
  • von der Rauchschicht ausgehende starke Wärmestrahlung, auch in größerer Entfernung zum Brandraum,
  • der Brandrauch kommt stoßweise, auch pulsierend aus dem Brandraum heraus,
  • die Rauchschicht sinkt schnell bis auf den Boden ab,
  • an der Grenze zwischen Rauch- und Luftschicht sind Flammenzungen sichtbar.

Am größten ist die Gefährdung der Einsatzkräfte kurz nach dem Öffnen des Brandraumes und wenn sich der Löschangriff auf den Brandherd verzögert.

Rauchexplosion:
Verlöschen die Flammen eines ausgedehnten Brandes Aufgrund von Sauerstoffmangel in einem Brandraum und es entstehen Aufgrund hoher Raumtemperatur weitere Pyrolysegase, besteht die Gefahr einer Rauchexplosion. Bei sinkender Raumtemperatur kühlen sich die heißen Brandgase ab, ziehen sich zusammen und es bildet sich ein leichter Unterdruck im Brandraum. Wird nun Sauerstoff zugeführt, kann es nach Durchmischung und Durchzündung zu einer Rauchexplosion mit Stichflamme und Druckwelle aus der Belüftungsöffnung heraus kommen, z. B. nach dem Öffnen von Türen.

Anzeichen für eine Rauchexplosion sind:

  • längeres und ungestörtes Feuer in einem geschlossenen Brandraum (bis Sauerstoffmangel eintritt),
  • heiße Türklinken, Türblätter oder Fensterscheiben
  • mit Brandrauch beschlagene Fensterscheiben,
  • stoßweise, auch pulsierend aus Tür- oder Fensterspalten quellender Brandrauch,
  • durch Belüftungsöffnungen nach innen wirkender Luftzug.

Weitere Informationen dazu finden Sie in den Quellen.

Stand: 12/2020
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