Ausstattung von Umkleideräumen in Feuerwehrhäusern in NRW
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Ausstattung von Umkleideräumen in Feuerwehrhäusern in NRW

In Bezug auf den erforderlichen Umkleidevorgang im Einsatzfall (Anlegen der persönlichen Schutzausrüstung - PSA) der Freiwilligen Feuerwehren und die sittliche Unzumutbarkeit ist auch eine Analyse der arbeitsstättenrechtlichen Fachliteratur angezeigt:

(…) So wird die für die Einrichtung von Umkleideräumen erforderliche Unzumutbarkeit (…) unter dem Aspekt der sittlichen Unzumutbarkeit gerade damit begründet, dass „zum Tragen der Arbeitskleidung mehr als nur eine Jacke oder Mantel abgelegt werden“ muss (Wiebauer in Landmann / Rohmer GewO, ArbStättV, Anhang der ArbStättV Rn. 66). (…)

Die Trennung der Kleiderschränke für Arbeitskleidung und Schutzkleidung von jenen für persönliche Kleidung und Gegenstände ist schließlich Gegenstand von Satz 4, wobei die Trennung daran gekoppelt ist, dass „die Umstände dies erfordern“.

Was die konkrete Ausgestaltung der Umkleideräume anbetrifft, sind die Vorgaben zur räumlichen Anordnung der Räume gemäß Punkt 7.2 Abs. 4 Arbeitsstättenrichtlinie Sanitärräume (ASR) A 4.1 zu beachten.

Danach wird auf Punkt 6.1 Abs. 5 ASR A 4.1 verwiesen. (…) Die Anforderungen an die Abmessungen der Bewegungsfläche in den Umkleideräumen sind in Punkt 7.3 ASR A 4.1 geregelt: Nutzen mehrere Beschäftigte die Umkleideräume gleichzeitig, muss für jeden Beschäftigten eine Bewegungsfläche von 0,5 m² im Raum vorhanden sein. Zusätzlich sind Verkehrswege zu berücksichtigen (weitere Informationen siehe ASR A 1.8 „Verkehrswege“).

Sodann wird in Punkt 7.4 ASR A 4.1 u. a. die Ausstattung der Umkleideräume mit Sitzgelegenheiten (Abs. 1), Vorrichtungen zum Trocknen von feuchter Arbeits- und Schutzkleidung (Abs. 5), sowie Abfallbehältern, Spiegeln und Kleiderablagen (Abs. 6) konturiert. Vorgaben zur Lüftung von Umkleideräumen sind Gegenstand des Punkts 7.1 Abs. 1 ASR A 4.1. Gemäß Punkt 7.1 ASR A 4.1 sind Umkleideräume „in Abhängigkeit von der Häufigkeit der Nutzung zu reinigen und bei Bedarf zu desinfizieren“. (…) Die Regelung in Punkt 7.4 Abs. 2 Satz 3 ASR A 4.1 wiederum nimmt Bezug auf Nr. 4.1 Abs. 3 Satz 4 des Anhangs der ArbStättV. (Schucht in Kollmer/Wiebauer/Schucht ArbStättV, ArbStättV Anh. 4 Rn. 22, 23, 24; 2019). (…)

Nutzen mehrere Beschäftigte die Umkleideräume gleichzeitig, muss für jeden Beschäftigten eine Bewegungsfläche von 0,5 m² im Raum vorhanden sein. Zusätzlich sind Verkehrswege zu berücksichtigen (weitere Informationen siehe ASR A 1.8 „Verkehrswege“). (Nr. 7.3 ASR A 4.1 Sanitärräume).

Im Einsatzfall der Feuerwehren werden Umkleideräume gleichzeitig benutzt, dies liegt klar auf der Hand. Denn eine zeitlich getrennte Nutzung eines Umkleideraums dürfte in Feuerwehrhäusern nicht möglich sein. Grund dafür ist insbesondere der hohe Zeitdruck durch einzuhaltende „Eintreffzeiten“, die zum Beispiel im Brandschutzbedarfsplan der Stadt oder Gemeinde festgelegt wurden.

Ein Einsatzszenario in dem sich in einem Umkleideraum eines Feuerwehrhauses zunächst die Damen des Löschzugs und danach, nach dem Verlassen des Umkleideraums, sich die Herren ankleiden ist realistisch kaum vorstellbar und scheidet demnach aus.

Eine Nichtaufnahme von Damen in die Freiwillige Feuerwehr aufgrund einer fehlenden Damenumkleide (Umkleideraum) dürfte nach hiesiger Einschätzung aus Gründen der Gleichbehandlung ausscheiden.

Zu der Zusammensetzung der „Belegschaft“ hinsichtlich Geschlecht und Alter bei der Gefährdungsbeurteilung (…): Eine Festlegung, im Unternehmen nur Männer einzustellen, um Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen zu sparen, ist nicht mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vereinbar (Leitlinien zur Gefahrstoffverordnung; Stand: Oktober 2018; LV 45 A 1.9 (Aufl. 2008: A1.8); Seite 5).


In der DGUV Information Sicherheit im Feuerwehrhaus (DGUV I 205-008) ist im Bild 33 auf Seite 27 der Umkleidebereich für zwei Feuerwehrangehörige mit einer Fläche, inkl. Spinden, von 1,2 m² (siehe auch DIN 14092-1) sehr anschaulich und praxisgerecht abgebildet. Diese Information ist auch für Architekten und Planer sehr hilfreich.

Dass diese Hinweise keine Neuerungen sind wird bei einem Blick in die Vorgängerversion der jetzigen ASR A 4.1 deutlich. Denn bereits im Jahre 1976 wurden in der (damaligen) Arbeitsstättenrichtlinie „Umkleideräume“ (ASR 34/ 1-5; Ausgabe Juni 1976) konkretisierend zum § 43 Abs. 1-5 der (damaligen) Arbeitsstättenverordnung detaillierte Anforderungen an Umkleideräume aufgeführt.

Auf die Regelungen zur „Auftragsvergabe“ zum Beispiel zur Planung von Einrichtungen (somit z. B. auch Feuerwehrhäuser) in § 5 DGUV Vorschrift 1 und dazu erläuternd, Nr. 2.4.1 DGUV Regel 100-001 Grundsätze der Prävention, sei an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen. Einrichtungen sind insbesondere Gebäude oder Gebäudeteile und die für deren Betrieb notwendige Gebäudetechnik sowie die darin zu installierenden bzw. installierten Arbeitsmittel und Anlagen. (…) Bereits bei der Planung von Einrichtungen oder Arbeitsverfahren sind die Vorgaben des Arbeitsschutzes zu berücksichtigen. Versäumnisse hierbei können im späteren Betrieb oft nur mit großem Aufwand behoben werden (Nr. 2.4.1 DGUV Regel 100-001).

Zur Aufbewahrung der Kleidung muss für jeden Beschäftigten eine ausreichend große, belüftete und abschließbare Einrichtung mit Ablagefach vorhanden sein. Werden Schränke bereitgestellt, ist ein Mindestmaß von 0,30 m x 0,50 m x 1,80 m (B x T x H) einzuhalten. Ist für persönliche Kleidung sowie für Arbeits- und Schutzkleidung eine getrennte Aufbewahrung erforderlich, sind zwei derartige Schrankteile oder ein geteilter Schrank in doppelter Breite notwendig.

Sind die Beschäftigten bei ihrer Tätigkeit stark geruchsbelästigenden Stoffen oder einer sehr starken Verschmutzung ausgesetzt, muss eine räumliche Trennung der Arbeits-, Schutzkleidung und persönlichen Kleidung vorhanden sein (Schwarz-Weiß-Trennung).

Eine räumliche Schwarz-Weiß-Trennung kann in Abhängigkeit der Gefährdung durch zwei mit einem Waschraum verbundene Umkleideräume oder durch ein mit dem Arbeitsbereich verbundenen Schleusensystem zum An- und Ablegen der Arbeits- und Schutzkleidung erfolgen. Auf die Sonderregelungen in der GefStoffV und der BioStoffV wird hingewiesen.

Bei Umkleideräumen mit mehreren Zugängen sollen Ein- und Ausgänge getrennt sein. Wenn die Umkleideräume für eine gleichzeitige Benutzung durch mehr als 100 Beschäftigte bestimmt sind, müssen die Ein- und Ausgänge getrennt sein.

Für Arbeits- und Schutzkleidung, die bei der Tätigkeit feucht geworden ist, muss eine Trocknung bis zur nächsten Verwendung möglich sein, gegebenenfalls auch außerhalb des Umkleideraumes, z. B. in einem ausreichend belüfteten Trockenraum oder mit elektrisch betriebenen Trockenschränken. (…). (Nr. 7.4 Abs. 2, 3, und 5 ASR A 4.1 Sanitärräume). Alternativ wäre auch trockene Tauschkleidung denkbar.
Feuchte Schutzjacken können im Einsatzfall z. B. im Innenangriff schnell zu einer Gefahr werden, wenn es zu einem Wärmedurchschlag kommt. Verbrühungen können dann die Folge sein.

Es ergibt auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten keinen Sinn, die sehr hochwertige und teure persönliche Schutzausrüstung z. B. in schlecht geheizten Feuerwehrhäusern irgendwo in der Fahrzeughalle aufzuhängen. Mancherorts wurde sogar bereits Schimmelbefall an Schutzjacken gemeldet. Auch die Sonneneinstrahlung (UV-Strahlung) kann persönliche Schutzausrüstung z.B. in Fahrzeughallen schädigen.

Für alle Sanitärräume im Sinne des Punkts 3.1 ASR A 4.1 und damit auch für die Umkleideräume gelten die allgemeinen Anforderungen an ihre Einrichtung und ihren Betrieb gemäß Punkt 4 ASR A 4.1 („Allgemeines“). Zu den allgemeinen Vorgaben gehören insbesondere das Verbot der Zweckwidrigen Nutzung der Sanitärräume (Abs. 1), Vorgaben zur lichten Höhe (Abs. 2) und zur Einsicht von außen (Abs. 3), zur Beleuchtung (Abs. 4) und Lufttemperatur (Abs. 5), zur Kennzeichnung (Abs. 8), zum Geruchsverschluss (Abs. 9), zu den Heizeinrichtungen (Ab. 11), zur Reinigung des Schuhwerks (Abs. 12) und zur Be- und Entlüftung (Abs. 13).

Durch den Unternehmer muss dieser möglicherweise bestehende Umstand in seiner verpflichtend zu dokumentierenden Gefährdungsbeurteilung betrachtet werden. Denn in der Gefährdungsbeurteilung muss auch geprüft werden, ob die Arbeitsstätte (hier Feuerwehrhaus) den Anforderungen der ArbStättV und deren konkretisierenden (und verpflichtenden) Anhang entspricht. Wird keine Gefährdungsbeurteilung erstellt, so kann dies (spätestens im Schadensfall) zu Lasten des Trägers der Feuerwehr gehen, da Pflichten missachtet wurden.


Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden, dass Gefährdungen für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden und verbleibende Gefährdungen möglichst gering gehalten werden (…). (§ 3a Abs. 1 Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten).

Sofern keine Umkleideräume vorhanden sind, muss jedem Beschäftigten „mindestens eine Kleiderabgabe zur Verfügung stehen“. Diese arbeitsstättenrechtliche Vorgabe folgt (weiterhin) aus Nr. 3.3 des Anhangs der ArbStättV, der sich mit dem Thema „Ausstattung“ befasst. Was schließlich die Erreichbarkeit räumlich voneinander getrennter Wasch- und Umkleideräume anbelangt, gilt weiterhin Abs. 4, sodass sie untereinander leicht erreichbar sein müssen (vgl. Schucht in Kollmer/Wiebauer/Schucht ArbStättV, ArbStättV Anh. 4 Rn. 22, 23, 24; 2019).

Eine ergänzende Anmerkung zu der Formulierung: „Sofern keine Umkleideräume vorhanden sind“. Dies kann natürlich nur gelten, wenn die Umkleideräume auch nicht erforderlich sind) (vgl. Richtlinie 89/654/EWG „EU-Arbeitsstättenrichtlinie“, Anhang I Ziffer 18.1.4). So die Mindestanforderungen der EU-Arbeitsstättenrichtlinie, die nicht noch weiter unterschritten werden dürfen.

Wenn Umkleideräume nach Ziffer 18.1.1. nicht erforderlich sind, muss für jeden Arbeitnehmer eine Kleiderablage vorhanden sein (Ziffer 18.1.4 Richtlinie 89/654/EWG).

Den Arbeitnehmern sind geeignete Umkleideräume zur Verfügung zu stellen, wenn sie bei ihrer Tätigkeit besondere Arbeitskleidung tragen müssen und es ihnen aus gesundheitlichen oder sittlichen Gründen nicht zuzumuten ist, sich in einem anderen Raum umzukleiden. (…) (Ziffern 18.1 und 18.1.1 Richtlinie 89/654/EWG, 1989). Die Unzumutbarkeit wurde in diesem Text bereits eingehend erläutert.

Weil im Einzelfall evtl. Umbaumaßnahmen oder gar Neubaumaßnahmen durch die kommunale Verwaltung erforderlich werden könnten, soll kurz auf die „Kostenbelastung“ eingegangen werden.

Es folgt ein Auszug aus einer Drucksache des Bundestags zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz, weiterer Arbeitsschutz-Richtlinien und auch zu der Kostenbelastung öffentlicher Arbeitgeber:

Die privaten und öffentlichen Arbeitgeber werden allenfalls in geringem Umfang belastet. Der Aufwand ist davon abhängig, inwieweit bereits ein dem umzusetzenden EG-Recht entsprechender Arbeitsschutz praktiziert wird; der öffentliche Arbeitgeber ist nach EG-Recht schon heute zur Beachtung der Arbeitsschutzrichtlinien verpflichtet (…). (Deutscher Bundestag, Drucksache 13/3540, Seite 2, D. Kosten, 22.01.1996).

In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die Regelungen der Richtlinie 89/654/EWG, 1989 hingewiesen!

In Bezug auf die Regelungen der ArbStättV in Verbindung mit dem Regelwerk der Unfallkasse NRW und der DGUV wird auch ausdrücklich auf die bereits seit vielen Jahren bestehenden Beratungspflichten der Fachkräfte für Arbeitssicherheit hingewiesen.

Kommentare:
Arbeitsstätten, Opfermann/Streit
ArbStättV, Wiebauer/Kollmer in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, September 2013
ArbStättV, Kollmer, Arbeitsstättenverordnung, 3. Auflage 2009
ArbStättV, Kollmer/Wiebauer/Schucht ArbStättV;4. Auflage 2019
Gewerbeordnung, Landmann / Rohmer GewO, ArbStättV

Stand: 11/2020
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